02.06.2010 00:00

Insolvenzverfahren läuft - aber 07 feilt an Landesliga-Team!

Kapitän Stellmacher kämpft: „Kann nicht glauben, dass es jetzt vorbei sein soll“ / Rolf Schünemann steht als Oswald-Nachfolger bereit



    07-Chef Roman von Alvensleben: Wohin führt der Weg seiner Preußen? 


 


Die Meldungen rund um Preußen Hameln 07 überschlagen sich! Der Vorstand hat gestern die Insolvenz angemeldet. Präsident Wolfgang Dammeier war überrascht. „Arminia-Retter“ Dr. Eckart leitet das Planverfahren. Roman von Alvensleben ist sich sicher: „Wir kriegen das schon hin.“ Berater Axel Marahrens „macht sich Sorgen“. Kapitän Bastian Stellmacher setzt alle Hebel in Bewegung, um die Mannschaft für die Landesliga zusammenzuhalten – und Rolf Schünemann steht als Oswald-Nachfolger bereit. AWesA hat das Geschehen der letzten Tage ausführlich zusammengefasst.

Gestern Abend fand bei den Preußen das letzte Training unter der Regie von Trainer Kai Oswald statt, der nach der 0:2-Niederlage gegen den SV Ramlingen/Ehlershausen seinen sofortigen Rücktritt erklärt hatte (wir berichteten). Anschließend fand eine Mannschaftssitzung statt, bei der 07-Chef Roman von Alvensleben und sein Stellvertreter Roman Klodnyckyj vor Ort waren. Beide wurden dort mit sachlicher, aber heftiger Kritik konfrontiert – und standen in der Schusslinie. „Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich bin maßlos enttäuscht, dass wir für etwas verantwortlich gemacht werden, was wir nicht zu verantworten haben. Das einzige, was wir uns vorwerfen lassen müssen ist, dass wir es nicht geschafft haben, das Loch der Sponsoren zu stopfen“, erklärt Klodnyckyj. Zuvor hatten er und von Alvensleben beim Hamelner Amtsgericht das Insolvenzverfahren eingeleitet.

07-Vize Klodnyckyj: „Haben große Möglichkeit, den Verein zu sanieren“

„Wir haben die große Möglichkeit, den Verein zu sanieren und die Gläubiger zum Teil zu befriedigen“, so Klodnyckyj, der das Planverfahren als Chance für den Verein sieht. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Insolvenz sei der ehemalige Zweitligist Arminia Hannover. Insolvenzberater damals: Dr. Rainer Eckart. Der „Arminia-Retter“ ist nun auch für die Preußen zuständig. „Jetzt sind wir erst einmal handlungsunfähig. Der Insolvenzverwalter führt die Geschäfte“, beschreibt Klodnyckyj die Situation. Im Rahmen des „Aussonderungsrechts“ sind die Banken dabei außen vor. Die Gläubiger – das sind in erster Linie Zulieferer, Busunternehmen, Ex-Trainer, Spieler sowie Verbände und öffentliche Institutionen – könnten nun bei der „Gesamtvollstreckung“ auf ihre Gelder hoffen. „Das wird nach bestimmten insolvenzrechtlichen Regeln gerecht aufgeteilt“, erläutert der 07-Vize, selbst Rechtsanwalt, die Vorgehensweise. Dabei waren vor allem er und von Alvensleben bei ihrem Amtsantritt im vergangenen September mit viel Euphorie an ihre neue Aufgabe herangegangen. „Wir haben zum ersten Mal einen Haushaltsplan erstellt. Das gab es vorher gar nicht“, sagt Klodnyckyj. Man hätte ihnen einen Etat-Plan über 138.000 Euro vorgelegt. Davon seien eingeplante Gelder von bis zu 35.000 Euro von Sponsoren bereits abgegrast worden. „Das waren Altlasten, die vor unserer Amtszeit entstanden sind“, stellt Klodnyckyj klar.

Berater Axel Marahrens: „Ich mache mir große Sorgen“

Dennoch habe der neue Vorstand, aus dem sich Schatzmeister Gunther Goetze frühzeitig wieder verabschiedete, die Verbindlichkeiten um 40.000 Euro auf rund 140.000 Euro durch Abbau und Tilgung verringert. Durch die positive Zuschauerresonanz im Freundschafts-Spiel gegen den Deutschen Meister VfL Wolfsburg sowie in den Oberliga-Partien gegen Oldenburg und Bückeburg habe man, so Klodnyckyj, die laufenden Kosten decken können. Danach beruhte die Hoffnung vor allem auf der „Preußen-Power-Sportwoche“ mit den Spielen gegen Meppen, Hannover 96 und Düsseldorf. Doch die einkalkulierten Einnahmen blieben aus. Damit konnten die Gläubiger nach der vereinbarten Stundung der Verbindlichkeiten auch nach den „großen Spielen“ nicht befriedigt werden. „Die Sportwoche war ein Reinfall“, musste Klodnyckyj im Nachhinein erkennen. Mit dem eingeleiteten Insolvenzverfahren scheint nun aber Hoffnung in den Reihen der Preußen-Verantwortlichen eingekehrt zu sein. Berater Axel Marahrens, der gemeinsam mit dem Trainergespann mit großem Einsatz eine schlagkräftige Truppe auf die Beine gestellt hatte, ist da schon skeptischer. „Ich mache mir große Sorgen“, meint Marahrens, der enormen Klärungsbedarf sieht. „Ich bin von der Vorgehensweise des Vorstands absolut enttäuscht, dass man sich in der Öffentlichkeit fetzt“, macht der sportliche Berater deutlich. Großes Lob richtet er dagegen an die Mannschaft: „Das sind keine Abzockertypen! Die haben mit Herz und Leidenschaft etwas bewegt!“

Präsident Wolfgang Dammeier: „Vielleicht ist ein Neuanfang auch gut“

„Ich habe von der Insolvenz erst gestern Abend erfahren“, war 07-Präsident Wolfgang Dammeier von der Einleitung des Verfahrens überrascht. Auf einer Sitzung mit Sponsoren und Vorstand sei es hoch her gegangen. Er könne dem Vorstand aber keinen Vorwurf machen, „wenn die Zuschauer nicht kommen. Die Mannschaft kann ich aber verstehen“, so Dammeier. Auch er habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben: „Vielleicht ist ein Neuanfang auch gut.“ Wo dieser Neubeginn – zumindest sportlich – starten soll, scheint derweil festzustehen. „Wir werden für die Landesliga melden. Bis zum 30. Juni müssen die Planungen aber abgeschlossen sein“, ist sich die 07-Vereinsspitze einig. Einer, der für den Fortbestand des Hamelner Traditionsvereins kämpft wie kaum ein anderer ist Bastian Stellmacher. Der Kapitän ist nicht nur Vorbild und Leistungsträger auf dem Platz. Er versucht, seine Mannschaftskameraden auch in der kommenden Saison bei den Preußen zu halten, hat längst all seine Mitspieler angeschrieben und an deren Verbleib appelliert. „Der Zusammenhalt der Mannschaft ist grandios! Bei anderen Oberliga-Vereinen sind die Spieler weg, wenn es einen Monat kein Geld gibt. Ich kann nicht glauben, dass das jetzt alles vorbei sein soll“, meint Stellmacher, der aus der Preußen-Jugend in die Herren kam, als die erste Mannschaft noch in der Kreisliga spielte. Bis in die Oberliga hat er den Verein fortan aktiv begleitet.

Kapitän Bastian Stellmacher will die Mannschaft zusammenhalten

Den Gang in die Insolvenz hält auch Stellmacher für richtig. „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das der einzig sinnvolle Schritt. Es ist die große Chance, 07 finanziell gesund zu bekommen“, meint der BWL-Student. Dass die komplette Mannschaft den Verein verlassen wird, kann Stellmacher nicht bestätigen. „Vielleicht geht da noch was“, hofft der Innenverteidiger, der von einigen Spielern bereits positive Signale erhalten hat. Wo der fußballerische Weg hinführt, ist bei vielen Noch-Preußen momentan ungewiss. Deshalb hat Stellmacher seine Mitspieler gebeten, sich mit ihrer Entscheidung noch 14 Tage Zeit zu lassen. Fest stehen bislang die Abgänge von Dominic Meyer, Fabian Kowalski (beide zum TSV Klein Berkel) und Sheiko Sillah (Ziel unbekannt). Als sicher gilt zudem der Wechsel von Jannik Hilker, der mit dem 1. FC Egestorf-Langreder in Verbindung gebracht wird, und Tobias Lopez-Peralta (Studium in Bremen). Selbst Ferit Tarak, den es zu Union Stadthagen ziehen soll, hat beim Bezirksligisten noch nicht unterschrieben. Auch Ruven Klimke, von Halvestorf, Springe und Egestorf umworben, hat sich noch nicht festgelegt.

Stellmacher an von Alvensleben: „Ich organisiere eine Mannschaft, Du das Geld!“

Auch bei den anderen Spielern macht sich Stellmacher Hoffnung auf einen Verbleib. Deshalb hat er Roman von Alvensleben eine bezeichnende SMS geschrieben: „Ich organisiere eine Mannschaft, Du das Geld!“ Diesen Appell hat der Preußen-Vorsitzende gern angenommen. Auch von Sebastian Schmidt, der allerdings mit einem Kreuzbandriss lange ausfällt, habe er bereits positive Signale erhalten. „Wir kriegen das schon hin“, versprüht von Alvensleben Optimismus. Ob die anscheinend neue Euphorie aber anhält, ist ungewiss. Denn Kai Oswald hatte auf der Pressekonferenz nach dem Ramlingen-Spiel angedroht: „Ich erwarte, dass am Dienstag alle Gehälter und Fahrtkosten bezahlt werden. Ansonsten wird hier eine Bombe platzen!“ Wohin führt der Weg der Preußen? Diese Frage ist derzeit kaum zu beantworten. Immer wieder ist von „Hoffnung“ die Rede. Eine große davon heißt VW. Am 21. Juni haben die 07-Verantwortlichen einen Termin mit Entscheidungsträgern des Wolfsburger Autokonzerns.

Rolf Schünemann steht für Oswald-Nachfolge bereit

Um einen sportlichen Verantwortungsträger zu finden, musste von Alvensleben indes nicht lange suchen. Mit Rolf Schünemann steht ein möglicher Oswald-Nachfolger bereit. „Ich bin gefragt worden und habe gesagt: Ich mache das“, bestätigt Schünemann auf Nachfrage von AWesA. Er habe aber noch nicht unterschrieben. Und: Er werde auf ein Gehalt zunächst verzichten, nur Fahrtkosten beziehen, „weil mir Preußen am Herzen liegt! Ich bin total motiviert, da zu helfen und eine Mannschaft aufzubauen“, meint der 43-Jährige, der in der letzten Saison noch Leistungsklassen-Club Inter Holzhausen coachte und nach einer möglichen Unterschrift sofort mit den aktuellen Spielern sprechen will. „Anschließend werde ich telefonieren wie ein Weltmeister“, so der ehemalige Hamelner Verbandsligaspieler. Er hofft, dass Ansgar Stelzer als Co-Trainer weitermacht, will „alte Preußen“ zum Mitmachen gewinnen und hat mit Miron Kantzoglu bereits einen Konditionstrainer im Petto. „Es sieht gut aus. Wir müssen handeln und auch ein Zeichen setzen. In den wesentlichen Punkten sind wir uns einig“, meint von Alvensleben.
5135 / 5396

Autor des Artikels

Team AWesA
Team AWesA
Das Team AWesA stellt Euch die aktuellsten Sportnachrichten aus Hameln-Pyrmont kostenlos zur Verfügung. Bei Fragen und Anregungen kannst Du uns gern kontaktieren. Schickt ihr uns Infos, bereiten wir diese zu vollwertigen Artikeln auf.
Telefon: 05155 / 2819-320
info@awesa.de

Webdesign & CMS by cybox