22.03.2024 13:04

Sportmix


Eine Heldin, viele Ehrenämter: KSB, FC Bad Pyrmont Hagen, Aerzens Schwimmer, Verkehrswacht

„Man tut etwas für die Gesellschaft, man hat mit Menschen zu tun. Das hält jung. Sonst verkümmert man doch vor Langeweile.“
Brigitte Hoernicke
Eine Frau, viele Ehrenämter: Brigitte Hörnicke.
Sport hier, Topleistungen da – doch wer sind überhaupt die Menschen, die tagtäglich dafür sorgen, dass die Sportlerinnen und Sportler nichts anderes machen müssen, als ihrer Mannschaft zum Erfolg zu verhelfen? Die Menschen, die Stunden vor Anpfiff den Platz abkreiden, während der Spiele die Schaulustigen bewirten, die Kabinen reinigen, Eintritt kassieren und einfach überall helfen, wo helfende Hände gebraucht werden. „Das sind die wahren Helden des Amateursports. Sie erwarten keine Gegenleistungen, stehen nie im Rampenlicht, werden dafür in den seltensten Fällen gewürdigt. Dabei sind genau diese Menschen diejenigen, die dafür sorgen, dass die Vereine mit Leben gefüllt werden“, unterstreicht AWesA-Gründer Matthias Koch.

Aus diesem Grund gibt es eine neue Serie: Helden des Ehrenamts.

Heute: Brigitte Hörnicke - 2. Vorsitzende Aerzener Schwimmverein, Gründungsmitglied & Schriftführerin FC Bad Pyrmont Hagen, 2. Vorsitzende KSB Hameln-Pyrmont, 2. Vorsitzende Kreisverkehrswacht Hameln-Pyrmont

Wie kommen Menschen zum Ehrenamt? Eine der gängigsten Möglichkeiten ist folgende: Das Kind möchte eine bestimmte Sportart ausprobieren und als Elternteil kommt man logischerweise mit. Vor Ort fällt auf: Es fehlt an jeder Ecke an helfenden Händen. Pflichtbewusst wie man ist, packt man kurzerhand selbst mit an. So ist es einst auch bei Brigitte Hörnicke. Nur, dass daraus noch viel mehr entsteht...
Die pensionierte Verwaltungsbeamtin im Dienst des Landkreises Hameln-Pyrmont taucht mit ihrem Sohn beim Aerzener Schwimmverien auf, damit der Nachwuchs sich mit dem kühlen Nass in sicherer Umgebung vertraut machen kann. „Ich war davor schon Übungsleiterin. An diesem Tag fehlte ein Übungsleiter, also habe ich mich hingestellt und auf die Kinder aufgepasst“, erinnert sich Hörnicke. Damit bringt sie einen Stein ins Rollen. „Es kam eins zum anderen. Ich wurde gefragt, ob ich den Posten als zweite Vorsitzende übernehmen möchte.“ Natürlich sagt sie ja. Im Februar 2002 ist Hörnicke damit offiziell Vorstandsmitglied von Aerzens Schwimmern. „Mit der Zeit haben sich leider immer mehr Menschen, die für den Verein ehrenamtlich aktiv waren, zurückgezogen. Irgendwann war ich im Tagesgeschäft gefühlt die Einzige“, blickt die Einzelkämpferin zurück. Täglich erledigt sie  Administrationsaufgaben, pflegt Mitgliederlisten, ist Ansprechpartnerin für Fragen aller Art und steht als Übungsleiterin zweimal pro Woche am Beckenrand. Im Februar 2005 wird sie zur ersten Vereinsvorsitzenden gewählt, steht damit auch rechtlich in der Verantwortung. Hörnicke gesteht: „Es gab Zeitpunkte, da habe ich mich schon rechtlich beraten lassen bezüglich einer Vereinsauflösung. Es gab keine Unterstützung und niemand stand für eine Nachfolge als erster Vorsitz zur Verfügung.“ Doch beißt sie die Zähne zusammen und hält durch. Jahr für Jahr. Vereinzelt erhält sie über die Jahre dann  doch Hilfe. „Es kommt immer über die Eltern. Wenn die Kinder die Schwimmkurse besuchen, engagieren sich auch vereinzelt die Eltern und unterstützen.“ So kann Hörnicke nach 13 (!) Jahren als erste Vorsitzende den Posten an Michaela Schaefer für ein Jahr abgeben und daraufhin für vier Jahre an Matthias Strohte. Zweite Vorsitzende ist in dieser Zeit – wer sonst? - Brigitte Hörnicke.

Die Geschichte der in Aerzen wohnhaften Ehrenamtlerin ist damit allerdings nur zu einem Bruchteil erzählt. Während all dieser Zeit engagiert sich Hörnicke auch ehrenamtlich für die Kreisverkehrswacht Hameln-Pyrmont – seit dem 28. November 2001 als Beiratsmitglied und seit dem 23. März 2011 als zweite Vorsitzende. „Schon von Berufswegen hat sich das angeboten, da ich in dieser Zeit auch für das Straßenverkehrsamt gearbeitet habe. Ich muss gestehen: Das war auch die schönste Zeit in meiner Laufbahn. Mein damaliger Vorgesetzter, Helfried Rodemerk, fragte mich 2001, ob ich mir vorstellen kann, mich bei der Kreisverkehrswacht zu engagieren. Da er ein sehr angenehmer Chef war, habe ich zugestimmt und bin in den Beirat geholt worden. Ich habe dort total engagierte Menschen getroffen und bin deshalb geblieben. Als Herr Rodemerk in den Ruhestand gegangen ist, habe ich seinen Posten als zweite Vorsitzende quasi geerbt. Bis heute bin ich sehr gerne dabei und das liegt vor allem an den tollen Menschen“, erklärt Hörnicke. Die Kreisverkehrswacht organisiert Radfahrprüfungen für Schulen oder Pedelec-Kurse für Senioren, die kein Auto mehr fahren können oder wollen. Prävention und Verkehrssicherheit sind die Hauptthemen.

Im Jahr 2014 entdeckt Hörnicke darüber hinaus zwei neue Leidenschaften. Im April spricht sie Fred Hundertmark an, seines Zeichens erster Vorsitzender des Kreissportbunds Hameln-Pyrmont. „Ich habe Fred beruflich kennengelernt. Wir haben uns super verstanden. Dann hat er mich angerufen und gefragt, ob ich dabei sein will und ich habe zugesagt“, erzählt die neue stellvertretende Vorsitzende des KSB. 2016 verstirbt der allseits anerkannte und beliebte KSB-Vorsitzende. „Ich dachte, eine Welt bricht zusammen. Ich war sehr gerne dabei und es hat mit unheimlich viel Spaß gemacht. Nach Freds Tod aufzuhören, war keine Option. Seine Nachfolgerin Maria Bergmann hatte aufgrund der Umstände keinen leichten Start. Daher habe ich zur Stange gehalten – bis heute.“

Wenige Monate später, im Sommer 2014, bekommt sie einen Anruf aus ihrer Heimatstadt Bad Pyrmont. Am Telefon: Lars Diedrichs, seines Zeichens Vorsitzender der Spielvereinigung. „Mein Vater, Heinz Kumsteller, war seinerzeit bereits Vorstandsmitglied und ich habe in jungen Jahren schon gerne mitgeholfen. Ich bin später nach Aerzen gezogen, aber die Verbindung nach Bad Pyrmont ist nie abgerissen. Dann spielte Bad Pyrmont in Aerzen. Lars sagte mir, wenn Bad Pyrmont in Aerzen gewinnt, drückt er mir die Anmeldung in die Hand. Nach einem weiteren Gespräch war ich zweite Vorsitzende“, erläutert Hörnicke ihren Weg zurück in die Kurstadt. Seitdem ist sie dabei und hat auch die Verschmelzung der SpVgg. mit Germania Hagen zum FC Bad Pyrmont Hagen begleitet.

Aber warum das Ganze? Warum vier Ehrenämter in Vorstandsrollen mit entsprechenden Verantwortungen, damals auch als berufstätige Frau? „Beim Schwimmen macht mit die Arbeit mit Kindern sehr viel Freunde. Schwimmen ist eine wichtige Fähigkeit, wichtiger als Fußball oder andere Sportarten. Außerdem ist es diese Begeisterung und die Freude, die man von den Kindern wahrnimmt. Das ist herzerwärmend. Beim Fußball ist es die Gemeinschaft, die mir Freude macht. Meine Arbeit dort wird anerkannt und wertgeschätzt. Außerdem war es beeindruckend zu sehen, wie aus ehemaligen Rivalen ein Verein geworden ist. Bei der Kreisverkehrswacht bin ich gerne, weil ich damit die schönste Zeit meiner beruflichen Laufbahn verbinde. Außerdem hat man dort interessante Themen und nette Menschen um sich herum. Es hat sich alles mit der Zeit einfach so ergeben“, meint Hörnicke. „Wobei ich seit mittlerweile siebeneinhalb Jahren pensioniert bin und mich heute frage, wie ich das damals neben einer 40 Stunden-Woche hinbekommen habe. Heute ist es ohne die Arbeit schon ein Riesenaufwand. Die Bürokratie macht sich da bemerkbar. Jemand, der nicht beruflich mit diesen Themen zu tun hat, kann das gar nicht mehr schaffen. Man braucht Steuerberater, rechtliche Beratung – so ein Ehrenamt in Verantwortungsposition verzeiht kaum bis gar keine Fehler und am Ende muss man sich persönlich verantworten. Es wundert mich daher nicht, dass viele Vereine ihre Vorstandspostionen nicht mehr besetzen können. Außerdem fehlt oft die Wertschätzung. Man macht es nicht deshalb, doch es tut weh, wenn die Dinge, die man ohne Gegenleistung leistet, als Selbstverständlichkeit angesehen werden. Einfache Gesten können da schon helfen. Und trotzdem: Ich kann ja im Ruhestand nicht nur zuhause rumsitzen. Man tut etwas für die Gesellschaft, man hat mit Menschen zu tun. Das hält jung. Sonst verkümmert man doch vor Langeweile.“

Das sagt Niklas Pettig vom Aerzener Schwimmverein über Brigitte Hörnig: „Ich kenne Brigitte schon seit meiner Kindheit. Mit ihrem Sohn war ich früher befreundet, heute wohnt er leider nicht mehr in der Region. Wir haben ein tolles Vertrauensverhältnis. Der Schwimmverein steht und fällt aus meiner Sicht mit Brigitte. Sie leistet unglaublich viel, nimmt allen noch Arbeit ab und macht es auch gerne – wobei sie grundsätzlich eigentlich etwas kürzer treten möchte. Ich glaube sie ist ein Mensch, der abends nicht ruhig auf dem Sofa sitzen kann. Sie ist immer auf Achse, ob beim Kreissportbund, beim FC Bad Pyrmont Hagen, bei der Kreisverkehrswacht oder beim Schwimmverein. Ich weiß gar nicht, wie sie das alles unter einen Hut bringt. Wenn ich mir vorstelle, dass sie schon über 70 ist, denke ich mir jedes Mal: wow. Sie wirkt mindestens zehn Jahre jünger, eher noch mehr. Man kann sich auf sie verlassen, sie ist immer mit Rat und Tat dabei. Wenn Not am Mann ist, springt sie immer ein. So ein ehrenamtliches Engagement kann man nicht in Stunden oder anderen Parametern messen. Menschen mit so einem Feuer und Eifer findet man nur ganz selten. Diesen Typ Mensch mit einer solchen Aufopferungsbereitschaft gibt es in unserer Generation fast nicht mehr. Sie will der Gesellschaft etwas geben. Und dabei wirkt sie noch so locker.“

Das sagt Gerrit Pape vom FC Bad Pyrmont Hagen über Brigitte Hörnicke: „Brigitte ist mit ihrer langjährigen Vorstandsarbeit für die SpVgg. Bad Pyrmont und heute den FC Bad Pyrmont Hagen ein wichtiger Bestandteil. Ob Mitgliederverwaltung, Schriftführung, Schnittstellen zum KSB und LSB oder sogar die Grillbude, sie ist sich für keine Aufgaben zu schade und immer präsent. Zusätzlich verfügt Brigitte über Erfahrung und Netzwerke, die wir als junges Vorstandsteam  brauchen. Wir sind sehr froh, dass wir Brigitte haben, denn leider sind Leute mit einem so ausgeprägten Engagement eine Seltenheit geworden.“
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Autor des Artikels

Jannik Schröder
Jannik Schröder
Jannik stieg nach seinem Praktikum vor einigen Jahren neben dem Studium als Freier Mitarbeiter bei AWesA ins Boot – und ist nach seinem Master-Abschluss in Germanistik und Geschichte seit Oktober 2015 Chefredakteur.
Telefon: 0176 - 6217 6014
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